Ein Seufzer der Erleichterung – nicht nur bei den Fliegenfischern im ASV. Das Planfeststellungsverfahren für die Oker ist abgeschlossen, die Feststellung des Plans wurde Ende Januar beschlossen. Die 10 Sohlabstürze zwischen Propsteiburg und Vienenburg können zurückgebaut werden. Ein Riesenschritt in Richtung Durchgängigkeit der Oker.
Wenn jetzt die Finanzierung freigegeben wird, kann noch in diesem Jahr mit dem Umbau der Sohlabstürze begonnen werden. Die Finanzierungsanträge sind gestellt, bis Mitte April erwartet Dr. Hubertus Köhler, der Vorsteher des Unterhaltungsverbandes Oker, eine Zusage der Landesregierung in Hannover.
Um den Kiesabbau in dem Gebiet zu ermöglichen, war die Oker in ein enges, kanalartiges, knapp drei Kilometer langes Bett gezwängt worden. Fast 23 Meter beträgt der Höhenunterschied auf dieser Strecke. So genannte Sohlabstürze, in Beton gefasste Stahlspundwände mit einer Fallhöhe zwischen rund 2 und 3,10 Metern, sollten das Gefälle ausgleichen.
Diese Sohlabstürze sollen in Rauhgerinne mit Beckenstruktur umgebaut werden. Siehe dazu die Zeichnung auf Seite 24/25, deren Abdruck uns der Oker-Unterhaltungsverband freundlicherweise genehmigt hat. Geplant und berechnet wurde das Projekt vom Ingenieurbüro Metzing aus Seesen.
Niedrigere Wehre machen das Wasser schneller
Für den Einbau der Rauhgerinne werden die bestehenden Stahlspundwände mindestens 30 Zentimeter unterhalb der Oberkante der neuen Sohlgleite abgetrennt und verschrottet. Niedrigere Wehre bedeuten schnelleres Wasser. Die Planer errwarten, dass der Schlick, der sich zurzeit in den ruhig fließenden Stücken vor den Wehren abgelagert hat, weggespült und die feste Sohle der Oker freigelegt wird.
Die einzelnen Becken innerhalb der Rauhgerinne werden durch Querriegel aus großen Steinen gebildet. Bei Niedrigwasser fließt dieses durch die versetzt angeordneten Durchlässe in den Riegeln. Hochwassser überströmt die Riegel. Die Becken haben eine Größe von 3 mal 3 Metern und sind rund 50 Zentimeter tief. Die Hauptdurchlässe zwischen den Becken sind mindestens 60 Zentimeter breit und 40 Zentimeter tief. Neben jedem Hauptdurchlass gibt es zusätzlich zwei kleinere Öffnungen (rund 15 Zentimeter breit).
Zwischen 30 und 69 Metern lang werden die Sohlgleiten gebaut, bei einer Breite von etwas mehr als 10 Metern. Das Gefälle in ihnen soll 1:30 betragen. Sie werden so angelegt, dass sie auch bei Niedrigwasser ausreichend Wasser führen. Andererseits sollen sie bei Hochwasser verhindern, dass das Wasser zu schnell wird. Damit das an mindestens 300 Tagen im Jahr gewährleistet ist und willige Fische stromauf und -ab ungehindert wandern können, wird eine Wassernutzung zur Energiegewinnung in diesem Gebiet ausgeschlossen.
Die Strukturen der Sohlgleiten werden aus zum Teil riesigen, tonnenschweren Steinen gestaltet, die Zwischenräume sollen mit kleineren Steinen und Substrat verfüllt werden.
Weil die Oker in diesem Abschnitt der „unteren Forellenregion“ zugeordnet ist, wurden Größe und Struktur der Rauhgerinne für große Bachforellen und Äschen, den Leitfischen dieser Region, berechnet.
Störsteine sorgen für Dynamik
Aber auch die Strecken zwischen den Sohlgleiten sollen aufgewertet werden. Geplant sind Störsteine in unregelmäßigen Abständen, die zum Beispiel die Fließgeschwindigkeit und die Dynamik der Oker beeinflussen und so für bessere Lebensbedingungen der Fische und anderen Wasserbewohner sorgen.
So weit liest sich die Planung sehr vielversprechend. Doch Angler wissen, jeder Eingriff an einem Fluss hat auch eine Kehrseite. Bei diesem Projekt sind es die Bauzeit und die Bauarbeiten, die die Angelei in der Fliegenfischerstrecke der Oker doch erheblich beeinträchtigen.
Die Bauzeit erstreckt sich über drei Jahre, wenn alles planmäßig läuft. Weil nur während gut dreieinhalb Monaten pro Jahr an dem Projekt gearbeitet werden darf – jeweils von Ende Juli (nach der Brut- und Setzzeit) bis Anfang November (dem Beginn der Laichzeit). Geplant ist, im ersten Jahr vier Rauhgerinne zu bauen (beginnend mit der Sohlgleite 10), in den folgenden Jahren jeweils drei.
Okerumleitungen während der Bauzeit
Bei jedem Umbau eines Sohlabsturzes muss die Oker auf einer Länge von 70 bis 100 Metern umgeleitet werden. Das heißt, das Okerwasser wird oberhalb der Baustelle abgesperrt, in einer entsprechend großen Rohrleitung um die Baustelle herumgeführt und unterhalb der Baustelle wieder in das alte Flussbett eingeleitet. Das soll so bei normalem Wasserstand funktionieren. Hochwasser würde über die Wassersperre hinweg und durch die Baustelle fließen. Die Harzwasserwerke sollen während der Bauzeit die Wasserabgabe aus der Okertalsperre auf das Minimum drosseln.
Für die Fliegenfischer an der Oker bedeutet das, dass sie während der Bauzeit an einer Sohlgleite nicht in deren unmittelbarer Umgebung fischen können. Unterhalb der im Umbau befindlichen Sohlabstürze ist zudem mit Wassereintrübungen zu rechnen. Und die Ruhe ist vorübergehend auch dahin: Die Baufahrzeuge müssen auf dem südöstlichen Weg neben der Oker fahren.
Ökologische Baubegleitung
ASV-Vorsitzender Detlev Wulff begrüßt den Umbau ausdrücklich und bittet die Fliegenfischer um Geduld und Nachsicht: „Mit dem Umbau geht ein lange gehegter Wunsch vieler ASV-Angler in Erfüllung. Wir haben das seit Jahren immer wieder gefordert.“ Die longitudinale Durchgängigkeit der Oker sei ein großer Schritt auf dem steinigen Weg der Verbesserung des ökologischen Zustands der Oker. Dafür wurden im Verein bereits viele ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet.
Damit die Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten für Flora und Fauna möglichst gering bleiben, wird es übrigens eine ökologische Baubegleitung geben. Und die Funktionstüchtigkeit der Rauhgerinne soll durch ein Fischmonitoring geprüft werden.
(Der Artikel erschien erstmalig in den Mitteilungen 1/2016 des ASV Braunschweig/http://www.asv-braunschweig.de)